W.I.R. II. / 2021

W.I.R. II. / 2021

Rückblick. W.I.R. I. / 2020Wir sehen die Welt und die Welt sieht uns, Wir müssen reden – Wir hören zu und ganz Corona-, pandemiegemäss orientiert: die Realität beißt und unsere Bilder, Notizen und Lieder erzählen.

Zusätzlich habe ich Orientierungspunkte, Ecksteine gesetzt: „Wir sind laut, weil ihr uns die Zukunft klaut“, „I can’t breathe“ – ich kann nicht mehr atmen – und „Bleib‘ zu Hause“, Klimawandel, soziale Ungerechtigkeit, Rassismus, Krieg, Vertreibung, Flucht – das sind nur einige aktuelle Positionen, die unsere Gegenwart bestimmen. Es sind entsprechend wichtige Positionen in meinem Ausstellungskonzept. Diese Eckpunkte bildeten die Grundlage zum dem Projekt:

Dokumentation W.I.R. I. / 2020 : https://de.calameo.com/read/003148750af72ecd5911b

Dokumentation W.I.R. II. / 2021:   https://de.calameo.com/read/00314875009cb6a6f33dc

Dieses Projekt, W.I.R. II. / 2021 begann – anders als geplant, mit einer zufälligen Begegnung. Durch die Stadt Parchim schlendernd blieb ich vor einem leeren Geschäft stehen, betrachtete soweit möglich durch die Fensterscheibe den Raum, ließ‘ meinen Gedanken über die Wände streifen. Wie schön, diesen Raum mit Bildern, vielleicht Skulpturen, mit Leben zu erfüllen. Ein W.I.R. Projekt – bezogener Raum, der von unserem Kunstprojekt erzählt. Von seinen Veränderungen und von dem, was in den nahegelegenen Dörfern, in den Kirchen geschieht. “Kann ich Ihnen helfen?” Klar – möglicherweise, ich rede einfach mal drauf los was mir gerade so durch den Kopf geht. “Hört sich gut an”, sagte Herr Ronny Laschewski vom Parchim Center, “..kriegen wir hin. Der Raum ist frisch renoviert, keine Nägel, Vorsicht, Sorgfalt ist angesagt, wenn das Geschäft vermietet wird, sind sie wieder draußen”.

Kein Thema. Kurze Zeit später, die erste Installation. “Die Tage vor dem Tag” an dem meine Lichtinstallation “der Ozean beginnt unter deinen Füssen” auf die Reise, zur 17. Biennale der Architektur, nach Venedig geht.

Ein paar Tage später, das Künstler:Innentreffen im Drefahler Landgasthaus. Wir reden, sitzen zusammen – tauschen uns aus. Kein Ziel, kein Thema, Selbst die Pandemie spielt eine untergeordnete Rolle – abgesehen davon, dass wir uns an die vorgegebenen Regeln halten. Nach pandemiegeregelter Rückzugszeit – ein wunderbar entspanntes Treffen, perfektes Catering, viele Gespräche, eine Freude nicht nur unter Menschen, auch unter bekannten und neuen Kolleg:Innen zu sein.

Die Ausstellungsvorbereitungen verdichten sich, die Termine rücken näher, konkrete Verabredungen werden getroffen um die Installationen aufzubauen. Der anfangserwähnte Projektraum rückt wieder in den Vordergrund. Bleibt der Gedanke einer Fenstershow oder kann unser Ausstellungsvorhaben mit gezielten Öffnungszeiten erweitert werden. Kurze Anfrage.. mit schnellem Ergebnis: die gute Nachricht, das Geschäft wurde vermietet – die nicht so gute, der Projektraum Parchim stand dem Ausstellungsprojekt W.I.R. II./ 2021 nur kurze Zeit zur Verfügung.

 

Ausstellungsorte: Projektraum Parchim die Tage vor dem Tag, an dem die Lichtinstallation ihre Reise begann “der Ozean beginnt unter deinen Füssen” 2019/21 Der Klimawandel unterscheidet die Menschen nicht nach Hautfarbe, Religion oder ethnischer Herkunft, reich oder arm. Der Klimawandel zwingt uns Menschen zur Zusammenarbeit, damit das Leben auf dieser Erde lebenswert bleibt.  / Hundrich 2021

 

Drefahler Landgasthaus / Künstler:Innen Treffen Dorfkirche Meierstorf

 

Dorfkirche Ziegendorf:   Miro Zahra – Ins Gebet gehen / Installation http://www.miro-zahra.de/

Wie eng unser Dasein mit der uns umgebenden Natur verknüpft ist, das haben uns unsere Erfahrungen aus den letzten Monaten mit der weltweiten Pandemie schmerzlich aufgezeigt. Die letzten Monate haben uns gelehrt, der Natur mit Achtung und Demut zu begegnen. Mir war die Natur stets eine Trösterin und Inspirationsquelle zugleich.

Meine Ausstellung in der Kirche in Ziegendorf ist ein Angebot, in der Stille des sakralen Raumes, sich selbst zu begegnen, sich nach dem eigenen Verhältnis zur Natur, nach dem Platz in der Welt, zu befragen.

Historische Zeichnungen widmen sich den kleinen und unscheinbaren Kostbarkeiten der Botanik, die bisher eher als eine Randerscheinung in der wissenschaftlichen Betrachtung behandelt wurden, den Moosen. Die Texte sind Fragmente aus dem Buch: Gott in der Natur von Ludwig Gotthard Kosegarten. Die Zeichnung und Texte verschmelzen zur bildnerischen Collagen, die in der Zeit der Ausstellung auch motivisch wechseln werden, ergänzt durch die Möglichkeit der direkten Teilhabe.

Gott in der Natur, das Verhältnis von Mensch und Natur, das waren die Themen mit denen sich der Pastor, Professor und Dichter Ludwig Gotthard Kosegarten in seinen Uferpredigten auseinander gesetzt hat.

Wir leben gerade jetzt in einer Zeit, in der die Natur durch die Lebensweise des Menschen droht, zerstört zu werden. Angesichts der gegenwärtigen Situation gewinnen die Texte von Kosegarten an Aktualität und Bedeutung. Denn er sah es als seine Aufgabe an, die Natur als aufgeschlagenes Buch Gottes in all ihrer Schönheit den Menschen nahe zu bringen, sie damit zum Leben zu locken, zu ermutigen und zu trösten. Dieser theologische Ansatz fand Ausdruck in Kosegartens Uferpredigten, deren Gedanken uns heute noch berühren und unser Verständnis für die Geschichte erweitern.

Dorfkirche Drefahl: Takwe Kaenders – Storyteller, 2021 – https://www.takwe.de/

Warum gibt es 2021 immer noch eine katholische Kirche die Frauen anders behandelt als Männer?

Katholisch, in Köln aufgewachsen wollte ich immer Messdienerin werden. Was für ein ansinnen. Unser Pastor war ständig blau, deshalb fuhr er meistens mit seinem Fahrrad durchs Dorf obwohl er einen VW Käfer hatte, der uns Mädchen sehr gefiel. Wenn er predigte, dann meistens von Sünde und Buße. Besonders gefiel ihm aber wenn wir bei ihm Beichteten. Uns weniger. Wir konnten ihn riechen. Sein schlechter Atem seinen Schweiß. Auf dem Weg zum Beichtgang erfanden wir dramatische Geschichten, die wir in die Länge zogen. Wir hatten nichts zu Beichten.

1996 trat ich aus der Kirche aus.

Vor ein paar Jahren hörte ich zum ersten mal von Maria 2.0. Mutige Frauen, die ihre Thesen an die Kirchentüre nageln, sich mit Pflaster vor dem Mund dazustellen, um für die Veränderungen in der katholischen Kirchen zu kämpfen. Meine Installation „storyteller“ sollen diese Aktion unterstützen.

13 emaillierte Teller erzählen die Jesa Geschichte. Frauen aus der ganzen Welt, die Apostelinnen mit ihrer Strahlkraft und Jesa die alle Farben der Strahlen als Regenbogenstern vereinigt. Dazu drei Teller: mit Netz – Menschenfischerin, mit Dornenkrone – unsere Königin, dem Fisch – Nahrung für die Menschen.

ev. luth. Kirchengemeinde Herzfeld: Rainer Fest – Wandlungen  https://www.rainerfest.de/

Sigrun Angermann: Der zentrale Begriff, um den Rainer Fest’s Kunst kreist, ist Verbindung. Dieses Thema zieht sich durch sein gesamtes Oeuvre. Er arbeitet mit dem vordergründig Nichtvereinbaren, und er sucht nach den Räumen zwischen den Gegensätzen, nach der Darstellung des Nicht-Sichtbaren, nach der verborgenen Einheit, da die Pole ja doch immer irgendwie zusammengehören, so wie Negativ und Positiv, Materie und Geist, Diesseits und Jenseits, Leben und Tod.

Marc Wellmann: Rainer Fest weiß von dem Magischen, Vorzeitlichen, Archaischen, das im Findling als bildhauerisches Material angelegt ist. Seine Skulpturen verweisen genau in einen solchen Kontext, der sich vom hektischen Treiben des Modischen und der Technik ganz bewusst abwendet.

Dorfkirche Meierstorf:  Wiebke Karras – Hausaltar

Herbert W.H. Hundrich – der schmale Grat

Was ist richtig? Was ist falsch? Wo beginnt die Verantwortung? Was trennt das Gute vom Bösen?

Das Projekt “der schmale Grat” ist dem Moment der Entscheidung gewidmet, genau dem Moment, in dem uns bewusst wird – egal wie oder was wir entscheiden, es ist falsch.

Noch nicht einmal weil es wirklich falsch ist, sondern – weil es kein Richtig gibt. Es gibt Momente in denen selbst das Nichts-Tun schwer oder kaum zu ertragen ist, Momente in denen der Unschuldige schuldig wird.

Was bleibt… ist mein besonderer Dank, an den “Runden Tisch Drefahl”, die Pastorinnen Veronika Hansberg und Alena Saubert, Pastor Markus Lehmann, die Kirchengemeinden der Dorfkirchen in Ziegendorf, Herzfeld, Drefahl und Meierstorf – an die, an diesem Projekt  beteiligten Künstlerinnen Miro Zahra, Takwe Kaenders, Wiebke Karras und an den Künstler Rainer Fest, für Ihr Vertrauen und ihr Engagement das für die Realisierung eines solchen Projektes unerlässlich ist.

Herzlichen Dank auch an die Muisker:Innen Bianca und Volker Schubert, Bettina Degel, Anne Uphaus, Julia und Martha Ginsbach, die mit ihren musikalischen Beiträgen die Ausstellungseröffnungen bereichert und weitaus mehr als eine besondere Note hinzugefügt haben und an Ronny Laschewski vom Parchim Center.

Vielen Dank an Thomas Häntzschel, Projektleitung KUNST HEUTE, im Künstlerbund Mecklenburg-Vorpommern und an ausnahmslos Alle, die zu der Realisierung dieses W.I.R. II / 2021 beigetragen haben, das es so wurde – wie es geworden ist und, natürlich an den Landkreis Ludwigslust-Parchim und an die Nordkirche die mit ihrer finanziellen Unterstützung dieses Projekt überhaupt ermöglicht haben.