die Baustelle. Denkmal Kultur Mestlin 2022

die Baustelle. Denkmal Kultur Mestlin. 2022

Wir machen nichts, war das Thema, oder, wir arbeiten mit Dem, was ist. Heißt: aktuelle Sanierungsmaßnahmen werden in die aktuelle Ausstellung integriert. Zwischen Bauarbeitern, Abbrucharbeiten und Neubau holen wir uns den Raum für die Kunst.

Normalerweise… nichts ist normal in diesen Tagen. Es ist Krieg. In der Ukraine. Russland hat die Ukraine mit einem gnadenlosen Krieg überzogen. Selbst Jetzt, wenn ich diese Zeilen schreibe, die Umbaumaßnahmen im Kulturhaus Mestlin auch Hochtouren laufen, wird die Ukraine von Russland zerbombt.

Wir machen das, was wir immer tun. Die Kultur vorwärtstreiben, die Fragen stellen, welche die Menschen im luftleeren Raum umkreisen, den Menschen Raum geben und Antworten suchen, die nicht perfekt sind im aktuellen Geschehen, aber Gemeinsamkeiten erkennen lassen.

Zeitenwende: Platz finden zwischen Abriss und Neubau, mit den Umbaumaßnahmen leben, eigene Ideen realisieren, Veränderung gestalten und die Beeinträchtigung nicht als Grund für Stagnation begreifen, sondern – als Schritt aus der Not in die Tugend.

 

1. Was ist das gemeinsame das uns trennt / über die Poesie im zerrissenen Moment 2013/2018

Wenn ich meine Ausstellungen oder Installationen aufbaue oder inszeniere, beginne ich gerne mit einem Paukenschlag, mit einer Ouvertüre. Hier sind wir jetzt und genau darum geht’s. Für ein entsprechendes Vorwort, Ouvertüren ähnliche Aufmerksamkeit ist diese Skulptur zu klein, zu unscheinbar, nicht spektakulär genug.  Einen schleichender Prozess  der erst viel zu spät wahrgenommen wir

Es war einmal .. damit fängt im Rückblick auf das Jahr 2013 – auch die Geschichte dieser Skulptur an. Es war einmal… ein Traum von einem sicheren Ort, von einem Nest, transparent gestaltet aus einem geschlossenen Block gehauen, transparent und lichtdurchflutet in die Moderne transportiert. Geschlossen und offen zu gleich, transparent. Ganz so in der Richtung gestaltet, wie einige Zeit später die Frage auf kam: Wie möchten wir leben? Was ist wichtig? In offener und transparenter Gesellschaft, stabil und fest genug um sich gegen ihre äusseren Feinde zu wehren.

Die offene Gesellschaft und ihre Feinde. Intoleranz hat viele Gesichter. So unterschiedlich diese Erscheinungsformen auch sein mögen, im Ergebnis sind sie alle gleich: Intoleranz spaltet jede Gesellschaft, zerreißt –was irgendwo doch zusammengehört. Ein schleichender, ein langsamer Prozess, der immer aus äußerem  Anlass, zu innerer Veränderung führt.

Erst später, das äußere Bild bestimmt. In Beobachtung dieses schleichenden Prozesses habe ich, 2018 die Skulptur in zwei Teile zerlegt. Eine durchaus erschreckende Konsequenz, die nicht einfach war – die ich erst dann in die Tat umsetzen konnte, als ich begriff – in dem ich die Skulptur zerreiße, beschütze ich meinen Traum, auch den von der offenen Gesellschaft, weil ich mit ihren Feinden … umgehen kann.

 

2. die Baustelle 2021/22

2021 Wahlkampf. (Betonmischer) an. Das Kapitel im Lärm gelesen: Unsere Schwäche, in den Augen der Anderen, ist unsere Freude an vielfältigster, lebendiger Existenz, unsere Suche nach der Freiheit im Leben, unsere Leidenschaft für die Kunst, unser Vertrauen in die Kultur und, ich glaube, ich übertreibe nicht, – unsere Liebe zur Demokratie, weil sie das Leben aller Menschen und Lebewesen garantiert.

Die Redner überschlagen sich, an allen Ecken und Enden wird das gleiche gesagt, die Unterschiede werden hervorgehoben, die politischen Gegner in die Ecke gedrängt, Schuld sind die Anderen, der Ton wird rauher, die Stimmung agressiv – es ist Krieg, im Kampf um die Ressouce Aufmerksamkeit. Nicht das bessere siegt, sondern der oder die, am meisten verspricht. Und versprechen tun sich alle und versprochen wird viel. Die Demokratie ist die Pflanze, das Volk ist der Souverän, Politik ist der Gärtner und die politischen Handlanger die Paten, die das organisierte Versprechen organisieren.

Baustelle Deutschland, alles ist im Fluss, alles muss überarbeitet werden , alles muss raus, auch die Plätze müssen geräumt werden damit alles ganz neu besetzt werden kann.

Mich interessiert die Meinung der Menschen. Was ist los. Meine Umfrage – der anderen Art, meine Installation – Betonmischer mit Farbstiften und Baugerüst damit auf der LKW plane auch an oberster Stelle .. beschrieben werden kann.

 

3. Wir lieben Kohle – 2022  / dem gibt es nichts mehr hinzuzufügen, Wir lieben Kohle, … in jeder Form.

 

4.  Idioten – 2021 / Was ist das gemeinsame, das uns trennt? 2021 / Idioten 2021

Die eigene Betroffenheit ist der Maßstab – alles Andere wird zum Gegner und „auf Gegenseitigkeit“- zum Idioten erklärt. Richtig oder falsch definiert sich durch Gruppenzugehörigkeit, entscheidet sich durch Teilnahme im entsprechenden Kollektiv. Idioten” sind immer die Anderen.

Der Sockel, der diese Gedankenwelt aufrecht und damit am Leben hält, entspricht alt überlieferten Strukturen, archaischen Denkmustern auf verrottetem Fundament. Und die Moderne, die Gegenwart?, noch träumt sie, vom lebendigen Diskurs.

 

5. das Glasperlenspiel 2022 / tausche Land, Ressourcen und Menschen, gegen schillerndes Glas und glitzernde Versprechen

Es ist wie es ist und es ist immer noch, wie es war. Leere Versprechen und glitzerndes Glas gegen Vertrauen, Arbeitsplätze, Wirtschaftsaufschwung. Überall. Nicht nur in Politik und in Wirtschaft, in allen Bereichen, bis in die Mitte des Lebens. Handeln im Tausch, das alte Konzept in ständiger Adaption. Versprechen und Glas.

 

6. die Einladung – 2021.22   / Installation /readymades, ausgesuchte Gläser, die im laufe der Zeit ergänzt werden

.. und dann kam sie doch, die Nachricht, fast genau so, wie schon lange befürchtet.. Auch wenn sie keiner lesen oder hören wollte. Grosse Familienfeste sind zu unterlassen, die Teilnehmerzahlen sind auf’s Engste begrenzt. 

Gut, dachte ich, wenn auch dieses Fest wieder zu einem außergewöhnlichen wird, dann mach’ ich was draus. Fahr in die nächste Stadt und suche ganz besondere Festgläser für ein ganz besonderes Fest.

Auf der Rückfahrt, es ist nebelig geworden. Passt. Ganz selten ein Sonnenstrahl, der die Wolken, den Nebel durchdringt und die Erde erreicht. Nebelig, verhangen, nicht leicht, schwer zu durchschauen.

Im Atelier werden Werkzeuge gesucht – ganz vorsichtig, mit konsequenter Gewalt zerschlage ich die Standflächen der Gläser. Wenn die Welt auf dem Kopf steht – spätestens dann, erachte ich es als notwendig, meine Perspektive und die Gläser zu drehen.

7. … gib dem Frieden eine Chance.  2022 /give peace a chance  2022 

Laser Print auf LKW Plane, überarbeitet mit Ölkreide und verschiedenen Sprays / Format: 250 x 380 cm

„Hissen der Flagge auf Iwojima“ ist der Titel einer vom US-amerikanischen Kriegsfotografen Joe Rosenthal am 23. Februar 1945 gefertigten Fotografie, die das Hissen einer US-Flagge durch sechs Soldaten auf einem Berg während der Schlacht um Iwojima zeigt. Alle sechs Soldaten, von denen drei noch während der Kämpfe auf der Insel umkamen, gelten in den USA als Kriegshelden. Obwohl es sich bei dem fotografierten Vorgang eigentlich nur um den Austausch mit einer größeren Flagge handelt, wurde das Bild aufgrund seiner Bedeutung zu einer der berühmtesten Kriegsfotografien weltweit und nimmt einen wichtigen Platz im kollektiven Gedächtnis der Vereinigten Staaten von Amerika ein. Des Weiteren ist es das wahrscheinlich am meisten reproduzierte Bild aller Zeiten.(wikipedia)

Am 24. Februar 2022 überfiel Russland die Ukraine mit einem gnadenlosen Krieg. Wochen später, nach nicht endender, zunehmender Gewalt, habe ich das zitierte Foto gesehen, in Schwarz-Weiss transformiert. Die nun graue Flagge,  ehemals amerikanische Flagge weiß gefärbt und in einen schwarzen Raum, auf einen schwarzen Untergrund gesetzt.

Soldaten sind im Verständnis der modernen Welt Garanten des Friedens. Soldaten werde in Konfliktgebieten eingesetzt um die Kontrahenten zu befrieden, zumindest zum Waffenstillstand zu bewegen. Soldaten…werden auch in der modernen Welt, von Politikern zum Krieg missbraucht. 

Eine mehrfach Verwandlung, kriegführende Soldaten, in heroischer Pose habe ich in gleicher Pose (dem neuen Auftrag, zeitgemässer Interpretation) mit der weißen Fahne versehen und dann wieder, als Beitrag von außen, mit verschiedenen Techniken, Ölkreide und Sprays, die weiße Fahne in Brand gesetzt. / Hundrich/2022.08.18

Denkmal Kultur Mestlin: Folgende KünstlerInnen und Gruppen haben bislang ihre Beteiligung an der Ausstellung angezeigt: Frank Fierke, Julia Ginsberg, Herbert W.H. Hundrich, Netzwerk f. Demokratie und Toleranz, Frank Osthoff, Udo Radtke, Susanne Reichhard, Manfred Scharnberg und Miro Zahra. Ich bin an dieser Ausstellung mit 7 Arbeiten beteiligt. Malerei, Skulptur, Objekt, Installation, Licht.